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Parabuthus raudus (Simon, 1888)


0.1 P. raudus "helle Morphe"


Herkunft und Vorkommen:

Parabuthus raudus wurde in Angola, Botswana, Namibia, Süd-Afrika, Zambia und Zimbabwe nachgewiesen.
Hauptsächlich ist diese Art im Sandsystem der Kalahari und in sandigen Gegenden am und um den Orange River anzutreffen.
Dort besiedeln die Tiere sandige Gegenden, wo sie ihre Gänge sowohl im offenen Gelände als auch in der Nähe von Büschen oder Grasbüscheln anlegen. Ihre Gänge verlaufen meist relativ nah unter der Oberfläche, sind aber recht lang (P. Pumberger, pers. Mttlg.).
Wenn sie die Chance bekommen, legen P. raudus ihre Gänge gerne an feuchteren Stellen (z.B. in der Nähe von Wasserläufen) an. (M. Dabs, pers. Mttlg.)
Im gesamten Verbreitungsgebiet von P.raudus sind auch P. granulatus und P. kuanyamarum anzutreffen, im südwestlichen Teil findet man zudem noch P. kalaharicus und P. laevifrons. (PRENDINI 2004).
Allgemein herrscht in den Verbreitungsgebieten eher trockenes Klima, besonders zu Regenzeiten und in den Morgenstunden kann die Luftfeuchtigkeit dennoch ansteigen.
Je nach Herkunftsgebiet unterscheiden sich die Regenzeiten und Temperaturen etwas, unter http://www.iten-online.ch/klima/afrika/ kann man sich über das Klima der jeweiligen Gebiete informieren.

Äussere Merkmale & Geschlechtsunterschiede

Parabuthus raudus hat im Allgemeinen eine gelbe Grundfarbe, wobei die Laufbeine und Pedipalpen meist etwas heller sind als der restliche Körper. Das Gelb kann bis in helle Brauntöne übergehen, zudem kann es je nach Population und Herkunftsgebiet vorkommen, dass die Metasoma-Segmente III-V sowie das Telson dunkler sind als der Rest. (PRENDINI 2004)
Man findet sowohl die typische gelbe Variante als auch die dunklere Variante mit farblich abgesetzten Metasoma-Segmenten im Hobby, bezeichnet werden sie als „helle“ bzw. „dunkle“ Morphe.

P. raudus "dunkle Morphe", kurz nach der Häutung. Foto © R. Lind

Die Tiere erreichen in etwa Größen von 8-12cm (laut LEEMING 2003 sogar bis zu 16cm), wobei Männchen kleiner und weniger massiv gebaut sind als weibliche Tiere. Wie in der Gattung Parabuthus typisch, sind die Pedipalpen von P. raudus schmal und grazil, während das Metasoma kräftig und stark granuliert ist. Männliche Tiere besitzen im Adultstadium breitere, "bulligere" Chelae als Weibchen.
Die Geschlechter lassen sich am einfachsten mittels der proximalen medianen Lamelle unterscheiden, ein vergrößerter Kammzahn direkt am Ansatz der Kammorgane. Während diese bei Männchen nicht vorhanden ist, ist sie bei Weibchen sehr gut zu erkennen. So kann man die Tiere bereits im jungen Alter einwandfrei bestimmen.
Auf dem Foto der dunklen Morphe kann man eine große Ähnlichkeit zu Parabuthus schlechteri erkennen. Dies ist kein Zufall, die beiden Arten sind sehr eng miteinander verwandt. Es gibt einige Merkmale, mit denen sich die zwei Arten auseinanderhalten lassen, ich nenne hier einfachheitshalber jedoch nur den offensichtlichsten Unterschied:
Während bei P. raudus nur die Metasoma-Segmente III-V und das Telson eine dunkle Färbung aufweisen können, besitzt P. schlechteri ein komplett dunkles Metasoma. (PRENDINI 2004)
Sollte man sich also einmal nicht sicher sein, welche Art man vor Augen hat, kann man sich daran orientieren.

Haltungsbedingungen

Im Terrarium sollte man versuchen, die natürlichen Lebensumstände von P. raudus möglichst genau nachzustellen.
Hierfür sollte man auf ein sandiges Substrat zurückgreifen, dass mit etwas Lehmpulver vermengt wird, um den Tieren zu ermöglichen, ihre Wohnröhren anzulegen. Mit Wurzeln, Gräsern, Rindenstücken und Steinen wird das Ganze dann so dekoriert, dass mehrere Versteckmöglickeiten angeboten werden.
Zur Möglichkeit der Gruppenhaltung kann ich noch keine Aussage machen, da ich z. Zt. nur ein Weibchen dieser Art halte. Ich denke aber, dass auch eine Pärchenhaltung möglich wäre.
Für ein Tier empfehle ich eine Terrarium-Mindestgröße von 20x30x20cm (lxbxh), bei einem Pärchen würde ich mindestens einen 30er-Würfel wählen.
Die Temperaturen halte ich zwischen 27-32°C, wobei direkt unter dem Spot auch höhere Temperaturen erreicht werden, wo trächtige Weibchen (oder besonders wärmehungrige Tiere) zusätzlich Wärme tanken können. Diese Temperaturen erreiche ich mittels handelsüblicher Halogenspots.
Auch die Feuchtigkeitsversorgung darf nicht vernachlässigt werden, deswegen sollte im Terrarium ein Trinkgefäß vorhanden sein (z.B. ein Flaschendeckel), der alle 2-3 Wochen befüllt wird. Dabei sollte man einen Teil des Terrariums leicht besprühen, um dem Herkunftsgebiet entsprechend für kurze Zeit eine höhere LF zu bieten.
Füttern kann man P. raudus mit allem, was die Tiere überwältigen können: Grillen, Schaben, Käfer, Heuschrecken, ab und an einen Mehlwurm o.ä.
Ich habe bis jetzt noch nicht erlebt, dass ein Futtertier verschmäht wurde, also sollte man ruhig einen abwechslungsreichen Speiseplan aufstellen. Gefüttert werden die Tiere etwa alle 1-3 Wochen.

Verpaarung, Aufzucht der Nachzuchten

Diesen Punkt behandle ich vorerst nicht tiefgehend, da mir hierfür noch persönliche Erfahrungen fehlen. M. Dabs (Skorpionfan) berichtet jedoch, dass er seine Jungtiere bei maximal 28°C aufzieht, da sie bei höheren Temperaturen starben.

Verhalten und Giftigkeit

Über die Gifitgkeit von P. raudus gibt es keine mir bekannten sicheren Quellen, man sollte allerdings davon ausgehen, dass die Tiere über ein recht starkes Gift verfügen und das ein Stich ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Zudem wurde auch bei P. raudus von der Fähigkeit berichtet, bei extremer Provokation das Gift zu versprühen. (LEEMING 2003)
Wie bei allen Parabuthus spp. sollte man den Umgang mit den Tieren also auf ein Minimum beschränken. Sollte man dennoch, sei es zum Umsetzen oder das Austauschen einer defekten Lampe im Terrarium, gezwungen sein, in der Nähe der Tiere bzw. mit den Tieren zu arbeiten, ist höchste Vorsicht und Konzentration geboten.
Zum Verhalten: allgemeingültige Aussagen kann ich hier nicht treffen, da ich derzeit (wie erwähnt) nur ein Tier dieser Art halte. Dieses Tier allerdings hat von Anfang an eifrig ein Röhrensystem im Terrarium angelegt, in dem es jetzt den Großteil seiner Zeit verbringt.
Selten sehe ich es komplett außerhalb der Höhlen (z.B. beim Trinken oder [noch seltener] Wärme tanken), meist ist meine Dame nur lauernd am Höhleneingang anzutreffen oder zeigt sich gar nicht. Wenn ich dann das Terrarium öffne, um Futter hineinzuwerfen o.ä., verschwindet sie direkt in ihrem Röhrensystem, zeigt sich aber meist ein paar Stunden später wieder am Eingang.

0.1 P. raudus subadult

Persönlicher Kommentar

Trotz (oder vielleicht gerade wegen?) der versteckten Lebensweise ist P. raudus ein meiner Meinung nach sehr ansprechender Pflegling im Terrarium. Die (bei meinem Tier handelt es sich um die helle Morphe) kräftige gelbe Färbung sieht einfach wunderbar aus, und weil man das Tier nicht ständig sieht, freut man sich um so mehr, wenn es mal aus der Höhle kommt und sich bestaunen lässt.
Ich möchte meine Dame auf jeden Fall nicht mehr missen und hoffe darauf, dass sie mir Junge beschert und ich die Erfahrungen mit deren Aufzucht dann hier weitergeben kann.

Quellenangaben

-Gespräche mit P. Pumberger/Skywalker

-M. Dabs/Skorpionfan

-Foto P.raudus "dark": R. Lind/Psychofox

-PRENDINI Lorenzo (2004):The Journal of Arachnology 32:109–186; THE SYSTEMATICS OF SOUTHERN AFRICAN PARABUTHUS, POCOCK (SCORPIONES, BUTHIDAE): REVISIONS TO THE
TAXONOMY AND KEY TO THE SPECIES: 171 ff.

-LEEMING Jonathan (2003): Scorpions of southern Africa: 52

-eigene Erfahrungen und Beobachtungen

Soweit nicht anders erwähnt, Bilder und Text © H. Wehner/fenriz

ANMERKUNG

Es handelt sich hier nicht um einen Haltungsbericht im engeren Sinne, sondern um einen Steckbrief. Die genannten Parameter sind lediglich die, unter denen ich mein Tier halte. Bis jetzt bin ich damit gut gefahren und denke, dass es auch so weitergehen wird.
Betrachtet diesen Steckbrief also einfach als eine Art Leitfaden für Einsteiger, die eventuell an P. raudus interessiert sind.
Sollte jemand Erfahrungen gemacht haben, die meinen Aussagen widersprechen, bitte ich um Kontaktaufnahme. Erfahrungsaustausch kann uns nur weiterbringen.

H. Wehner, verfasst 2010